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Das Stichwort "Regensburg" im Jüdischen Lexikon von 1927


Regensburg,
Stadt in Bayern mit 77 000 Einwohnern, darunter ca. 500 Juden (1925). Die älteste sichere Nachricht von J. in R., dessen Gemeinde im MA sehr berühmt war, stammt aus dem 10. Jhdt., während das J.-viertel, das älteste in Deutschland, erst im 11. Jhdt. erwähnt wird. Im ersten Kreuzzug 1096 von schweren Verfolgungen heimgesucht, erholte sich die Gemeinde bald und entwickelte sich zu einem angesehenen Gemeinwesen mit eigener, durch kaiserliche Privilegien geschützter Verfassung und eigenem Siegel. An ihrer Spitze stand der Rabbiner, welcher den Titel Hochmeister führte. Die J. hatten sowohl dem Kaiser wie der Stadt Schutzgeld zu bezahlen und nahmen an allen bürgerlichen Pflichten teil. Bes. berühmt war der Prunkbau der Synagoge, von dem noch Abbildungen von der Hand des R.-er Künstlers Altdorfer erhalten sind. Der Friedhof wurde 1210 angelegt, nachdem bis dahin die Toten auswärts bestattet worden waren. Sehr bedeutend waren die Handelsbeziehungen der J. in R., da sich damals der Handel nach dem Orient auf der Donau abwickelte. Unter den Hochmeistern waren mehrere von Weltruf. So Rabbi Juda ben Samuel, gen. hechassid (der Fromme), der Vf. des "Sefer chassidim", der auch die Reiseberichte des berühmten Weltreisenden Petachja aus R. sammelte; ferner Rabbi Israel Bruna u.a. 1348/49, während der großen J.-metzeleien in Deutschland, auch in Bayern, schützten Rat und Bürgerschaft die J., nachdem die Herzöge von Bayern ihnen gestattet hatten, "mit den J. zu handeln mit und ohne Recht". Im 15. Jhdt. erreichte die Blüte der Gemeinde ihren Höhepunkt. Der wirtschaftliche Niedergang der Stadt, die mit der Entdeckung neuer Seewege aufhörte, führende Handelsstadt zu sein, erzeugte bald darauf eine gereizte Stimmung gegen die J., die schließlich dazu führte, daß 1519, im Febr., alle J. aus der Stadt ausgewiesen wurden. Ihre Synagoge hatten sie selbst kurz vorher niederreißen müssen; der Friedhof wurde bald darauf demoliert, an 5000 Grabsteine fanden als Grund- und Bausteine in der Stadt Verwendung. Die jetzt im Ulrichsmuseum gesammelten Grabsteine und der sog. "J.-stein" in der Stadt, ein das Datum 8. Kislew 5135 tragender Grabstein, sind die letzten Zeugen der einst berühmten Gemeinde des MA's. Die Zahl der J. in R. soll damals 500 betragen haben. Auf dem Platze der ehemaligen Synagoge steht heute die Neupfarrkirche. Die dauernde Wiederansiedlung von J. in R. und damit der Anfang zur heutigen Gemeinde knüpft sich an den in der Freien Reichsstadt 1669-1805 tagenden "dauernden" Reichstag. Der Reichserbmarschall, der jeweils regierende Graf v. Pappenheim, hatte die Bedürfnisse für den Reichstag herbeizuschaffen und nahm zu dem Behufe Schutzjuden in der Stadt auf, für deren Rechte er tatkräftig eintrat, und deren Zahl sich bald vermehrte. Ihre Rechtsstellung unter Pappenheimerischer Regierung regelte der Erbmarschall 1733 durch ein besonderes Reglement. Eine Synagoge konnte erst am Anfang des 18. Jhdts. in einem Privathause eingerichtet werden. Die Toten wurden auswärts, zumeist in Pappenheim begraben. Der erste Rabbiner der neuerstandenen Gemeinde, Rabbi Isaak Alexander, war ein Zeitgenosse Moses Mendelssohns, der philosophische Schriften in deutscher Sprache veröffentlichte. Sehr verdient um die Gemeinde machte sich deren Vorsteher Hofagent Philipp Reichenberger, der sich auch bei der Reichsdeputation 1802 um die Abschaffung des Leibzolles bemühte. 1803 hörte R. auf, Freie Reichsstadt zu sein, und fiel an den Fürsten von Dalberg. Am 1. Juli 1805 kamen auch die J. in R. unter Dalbergsche Herrschaft, nachdem Graf von Pappenheim eine Geldentschädigung erhalten hatte. Dalberg gewährte den J. auf Pappenheimsche Empfehlung mehrere Vergünstigungen, u.a. auch die Erlaubnis zum Erwerb von Grundstücken. Die von den J. in R. angestrebte Bürgerrechtserteilung kam unter Dalberg nicht mehr zur Ausführung, weil die Stadt 1810 an Bayern fiel. Auf Grund des bayer. Edikts von 1813 wurde für R. die Normalzahl auf 17 j. Familien festgesetzt. 1822 legte die Gemeinde in R. einen j. Friedhof an. 1841 folgte die Einweihung einer neuen Synagoge. 1860-1882 gehörte die Gemeinde dem Distriktsrabbinate Sulzbürg an. 1881 wurde Dr. S. Meyer, Herausgeber der "Deutsch-Israelitischen Zeitung", zum Rabb. in R. gewählt. 1897 erfolgte die Erweiterung zum Distriktsrabbinate. 1912 wurde die neue Synagoge eingeweiht.

(Jüdisches Lexikon, Berlin 1927)

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