Augsburg, alte
j. Gemeinde in Bayern. Die Überlieferung verlegte ihre Entstehung
in die Zeit von Jesus, um dadurch zu beweisen, daß die A.'er Juden
an seinem Tode unschuldig seien. Die erste urkundliche Erwähnung
eines A.'er J. stammt aus dem J. 1212. Allmählich mehren sich die
Nachrichten. 1259 wird ein "Judenhaus", 1290 ein Bad- und
Tanzhaus erwähnt. Infolge des guten Verhältnisses zur Stadt
blieben die J. in A. von den Judenverfolgungen der Jahre 1298 und 1336
geschützt. Die Zeit des "Schwarzen Todes" brachte jedoch
der Gemeinde den Untergang; nur wenige J. retteten sich. Das Recht,
J. aufzunehmen, erteilte der Kaiser bereits 1350 wieder dem Bischof,
1355 der Stadt. Die Gemeinde wuchs schnell; 1355 zählte sie 18
Familien, 1386 bereits 46. Unter Wenzel trafen die J.-schuldentilgungen
auch die Gemeinde A. Seit 1434 verschlechterte sich durch den Einfluß
der Geistlichkeit die Lage der dortigen J. 1434 wurde das Tragen des
Judenabzeichens vorgeschrieben. 1440 wurden die J. - mehr als 300 -
mit Erlaubnis des Kaisers vom Rate der Stadt ausgewiesen.
In den folgenden Jahrhunderten lebten immer nur wenige J. in A., die
jedoch auch unter ständigen Verfolgungen zu leiden hatten (z. B.
1649, 1718, 1745). Aus dem Stamm der vertriebenen A.'er J. bildeten
sich in den umliegenden Orten (z.B. in Kriegshaber, Pfersee, Steppach)
neue Gemeinden, deren Mitglieder tagsüber unter "Geleit"
ihren Geschäften in A. nachgehen durften und zur Nacht wieder in
ihre Dörfer oder Städte zurückkehren mußten.
Die J. unterstanden in A. zum Teil dem Bischof, zum Teil der Stadt.
Sie verwalteten selbst ihre Rechts- und ihre Gemeindeangelegenheiten.
An der Spitze stand der Rabbiner (um 1400 Jakob Weil). Die Gemeinde,
die im Judenviertel wohnte, führte ihr eigenes Siegel. Die Erwerbsverhältnisse
waren ziemlich dieselben wie der übr. deutschen J. Außer
R. Jakob Weil ist noch Elia aus Augsburg, Verfasser eines Kommentars
zum "Sefer mizwot gadol" des Moses b. Jakob aus Coucy, zu
erwähnen. In A. wurden vom 16. Jhdt. ab zahlreiche hebr. Drucke
hergestellt.
Wie es in damaliger Zeit eine Nürnberger und Regensburger Methode
des "Lernens" (Talmudstudiums) gab, so existierte auch eine
A.'er Methode. Ebenso sind besondere A.'er Selichot für die Fasttage
überliefert.
Die finanzielle Notlage zwang den Magistrat, da die christl. Kaufmannschaft
versagte, i.J. 1803 drei jüd. Bankiersfamilien den Aufenthalt "auf
ewige Zeiten" gegen eine große Anleihe zu gestatten. Allmählich
folgten andere Familien. Nachdem sich so schon lange eine Gemeinde gebildet
hatte, wurde sie 1861 von Regierung und Magistrat genehmigt. 1871 tagte
in A. die 2. Israelit. Synode unter dem Vorsitz von Moritz Lazarus.
Unter den Rabbinern der neuen Gemeinde war Dr. Heinrich Groß,
ein Gelehrter von Ruf (Hauptwerk: Gallia Judaica). A. zählt jetzt
etwa 1100 Juden unter 170 000 Einwohnern.
(Jüdisches Lexikon, Berlin 1927)
< zurück